FAQ

Was ist das Besondere am kirchlichen Arbeitsrecht?

In Deutschland gilt das Recht auf Glaubens- und Religionsfreiheit. Das Grundgesetz sichert dies nicht nur jedem Einzelnen zu (Artikel 4), sondern auch Religionsgemeinschaften (Artikel 140) wie der evangelischen und der katholischen Kirche. Die ebenfalls im Grundgesetz festgelegte Trennung zwischen Staat und Kirche drückt sich darin aus, dass sich der Staat in religiösen Angelegenheiten neutral verhält. Er gewährt Kirchen ein Selbstbestimmungsrecht: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ (Artikel 140 GG, Artikel 137 WRV).

Auf dieser verfassungsrechtlichen Basis haben die evangelische und die katholische Kirche ein eigenes Arbeitsrecht entwickelt, das ihrem Selbstverständnis entspricht. Es ist davon geprägt, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen für Menschen in Not engagieren. Damit machen sie deutlich, wofür die Stiftung St. Josef steht: Gelebte Nächstenliebe.

Die Verantwortung für diesen Dienst übernehmen Leitung und Mitarbeiter gemeinsam. Sie bilden eine Dienstgemeinschaft, die sich durch ein partnerschaftliches, vertrauensvolles und kooperatives Miteinander auszeichnet. Das gilt auch bei der Gestaltung von arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen. Dafür gibt es Arbeitsrechtliche Kommissionen, in denen Mitarbeiter und Dienstgeber mit gleich vielen gewählten Personen vertreten sind (paritätische Besetzung). Entscheidungen müssen einvernehmlich ausgehandelt und von einer Dreiviertelmehrheit befürwortet werden.

Da Streiks und Aussperrungen nicht vorgesehen sind, braucht es eine faire und verantwortliche Verhandlungskultur. Konflikte werden in einer neutralen und für beide Seiten verbindlichen Schlichtung geklärt. Dadurch bleiben die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Fällen gewahrt. Diese Form der Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung wird als „Dritter Weg“ bezeichnet. Er unterscheidet sich vom zweiten Weg, bei dem Tarifpartner ihre Interessen auch in Arbeitskämpfen ausfechten und vom ersten Weg, bei dem Arbeitgeber die arbeitsrechtlichen Bedingungen diktieren.

Was versteht man unter der Dienstgemeinschaft?

Caritas bedeutet Nächstenliebe. Viele Menschen leben diese Idee jeden Tag in ihrem privaten Umfeld. Für die Stiftung St. Josef ist die von Jesus vorgelebte Nächstenliebe sowohl Motivation als auch Auftrag. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Dienstgeber fühlen sich diesem christlichen Selbstverständnis verpflichtet. Sie bilden eine Dienstgemeinschaft, die Menschen hilft, die auf Unterstützung, Rat oder Begleitung angewiesen sind.

Was versteht man unter dem Dritten Weg?

Der Dritte Weg bezeichnet die besondere Form der Mitgestaltung von Arbeitsbedingungen im kirchlichen Arbeitsrecht. Fragen zur Vergütung, Arbeitszeit oder Urlaub werden in arbeitsrechtlichen Kommissionen geklärt. In denen sind Mitarbeiter und Dienstgeber mit gleich vielen Personen und Stimmen vertreten.

Hintergrund ist das christliche Selbstverständnis der Stiftung St. Josef, sich für Menschen in Not einzusetzen. Diesen Auftrag erfüllen Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Dienstgeber, wenn sie sich gemeinsam dafür verantwortlich fühlen und partnerschaftlich miteinander umgehen. Deshalb passen Arbeitskämpfe mit Aussperrung und Streiks (Zweiter Weg) ebenso wenig zum Selbstverständnis des kirchlichen Dienstes wie das einseitige Festlegen von Arbeitsbedingungen durch die Leitung (Erster Weg). Interessengegensätze zwischen Mitarbeitenden und Dienstgebern werden anderweitig ausgeglichen.

Zentrale Elemente des Dritten Weges sind:
  • Der partnerschaftliche und kooperative Umgang von Mitarbeitern und Dienstgebern.
  • Die gleichberechtigte und gleichwichtige Vertretung jeder Seite in den Kommissionen, die die Arbeitsbedingungen für die Dienstverhältnisse festlegen.
  • Die faire und verantwortliche Konfliktlösung durch ein Vermittlungsverfahren.
  • Das im kirchlichen Recht verankerte Prinzip der Lohngerechtigkeit.
Warum wird in der Stiftung St. Josef nicht gestreikt?

Die Stiftung beruft sich in ihrem Auftrag auf Jesus, den Leitgedanken der Nächstenliebe und den christlichen Anspruch, Konflikte friedlich beizulegen. Deshalb gibt es im kirchlichen Arbeitsrecht keinen Arbeitskampf mit Streiks und Aussperrungen, die zu Lasten der Menschen gehen würden, die auf die Unterstützung der Stiftung St. Josef angewiesen sind.

Das kirchliche Arbeitsrecht sieht vor, dass Interessensgegensätze zwischen der Mitarbeiterschaft und den Dienstgebern im Konsens zu klären sind. Dazu gibt es arbeitsrechtliche Kommissionen, in denen zum Beispiel Fragen zu Vergütung, Arbeitszeit oder Urlaub diskutiert und entschieden werden. Die Kommissionen sind paritätisch besetzt, also mit gleich vielen Vertreter(innen) der Mitarbeiter und der Dienstgeber. Entscheidungen müssen ausgehandelt werden und brauchen eine Dreiviertelmehrheit. Kommt es zu keiner Einigung, gibt es ein Schlichtungsverfahren. Dabei können Verweigerungshaltungen der einen gegenüber der anderen Seite durch die Stimme der beiden unabhängigen Vorsitzenden überwunden werden.

Wie werden Mitarbeitende der Stiftung St. Josef bezahlt?

Basis für die Entlohnung bilden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR). Die Tarife der Mitarbeitenden in der Stiftung St. Josef orientieren sich in ihrer Höhe an den AVR und diese wiederum an Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes. Dabei liegen die Vergütungen im caritativen Dienst in der Regel über denen, die im nicht-kirchlichen Bereich gezahlt werden. Die Kirchen haben sich für die Festsetzung eines Mindestlohns für ungelernte Hilfskräfte in der Pflege eingesetzt.

Beispielsweise liegt bei der Stiftung St. Josef der Lohn für ungelernte Hilfskräfte in der Pflege um rund 30 Prozent höher als der staatliche Mindestlohn von 8.84 Euro/Stunde (Stand: 2018, Bereich: West; ab 2019: 9,19 Euro, 2020: 9,35 Euro).

Das Tarifsystem der Stiftung St. Josef (AVR) sieht bundesweit einheitliche Regelungen im Arbeitsrecht für die Einrichtungen und Dienste vor. Neben dem Bundestarif kann es regionale Tarife geben, die den örtlichen Gegebenheiten Rechnungen tragen. Sie werden von Regionalkommissionen ausgehandelt und sind in der Bandbreite ihrer Abweichung nach oben und unten festgelegt.

Wer vertritt die Interessen der Mitarbeitenden?

In der Stiftung St. Josef gibt es keinen Betriebsrat, sondern eine von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewählte Mitarbeitervertretung (MAV). Ihre Mitglieder vertreten die Interessen der Mitarbeiter(innen) gegenüber den Dienstgebern. Sie tragen maßgeblich zur Weiterentwicklung der Dienste und Einrichtungen bei. Ihre Aufgaben sind vergleichbar mit denen von Betriebsräten im gewerblichen Bereich und von Personalräten in den öffentlichen Verwaltungen.

Muss man katholisch sein, um in der Stiftung St. Josef zu arbeiten?

Nein. Da die Stiftung St. Josef eine kirchliche Stiftung privaten Rechts ist, erwarten viele Menschen, dass Mitarbeitende katholisch sein müssen. Das stimmt aber so nicht. Die Stiftung legt großen Wert darauf, dass sich die Mitarbeitenden mit den Zielen und Werten der christlichen Lehre identifizieren. Sie müssen dazu aber nicht unbedingt katholisch sein.

In unserer täglichen Arbeit sind christliche Gebote wie das der Nächstenliebe oder der Barmherzigkeit grundlegend. Bei uns können Menschen arbeiten, denen diese Grundhaltung selbstverständlich ist. Deshalb beschäftigen wir auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, zum Beispiel Muslime oder Juden, und auch Menschen, die keiner Konfession angehören. In den Bewerbungsgesprächen prüfen wir sehr sorgfältig, ob die Bewerberin oder der Bewerber individuell zu uns passt. Im Fokus steht die Fürsorge für die Menschen, die uns anvertraut werden.

Können geschieden Wiederverheiratete in der Stiftung St. Josef arbeiten?

Auch hier haben sich die Voraussetzungen in der Grundordnung 2015 geändert. Wenn wir Mitarbeitende einstellen, achten wir darauf, ob sie neben ihrer fachlichen Qualifikation auch die richtige innere Haltung mitbringen. Die arbeitsrechtlichen Vorgaben formulieren sogenannte „Loyalitätsobliegenheiten“. Damit sind Anforderungen gemeint, die die persönliche Lebensführung der Mitarbeitenden im Blick haben. Diese Anforderungen haben sich in den letzten Jahren insofern verändert, dass wir viel intensiver als in der Vergangenheit auf die einzelne Situation der betroffenen Person schauen und damit ihrer Lebenswirklichkeit besser gerecht werden können, als wenn man eine pauschale Formulierung anwenden muss. Die Anforderungen des kirchlichen Arbeitsrechts sind in der Regel so formuliert, dass dieser Blick auf den Einzelfall möglich ist.

Die Anforderungen an die persönliche Lebensführung sind unterschiedlich, je nachdem, welche Aufgabe ausgeführt wird.

Können gleichgeschlechtlich Verheiratete in der Stiftung St. Josef arbeiten?

Eine Diskriminierung aufgrund der Sexualität gibt es in der Stiftung nicht. Folglich arbeiten auch homosexuell orientierte Menschen bei uns, wenn sie die fachliche Kompetenz und die innere Einstellung zur Stiftung als Organisation der Nächstenliebe mitbringen.